Ernst Krähmer  (1795-1837)

gehört zu den heute wenig bekannten Wiener Hofmusikern des 19. Jahrhunderts.

Er war früh für alle Holzblasinstrumenteausgebildet, zunächst als Militärmusiker in Annaberg, später in Dresden. Von 1815 an bis 1822 wirkte er als Oboist am kaiserlichen Hoftheater in Wien, danach wurde er mit dem Titel eines Kaiserlichen Hof- und Kammermusikus ausgezeichnet und lebte fortan als reisender Virtuose in ganz Europa, wo er als einer der berühmtesten Oboisten und Csakanspieler triumphale Erfolge feierte.

Drei Jahre vor Schubert geboren, überlebte er diesen nur unwesentlich: Er starb ähnlich jung wie auch Ludwig Schuncke, Ernst Haberbier, Rikard Nordraak und manch andere verheißungsvolle Künstler des 19. Jahrhunderts.

Seine besondere Vorliebe galt dem ungarischen Csakan, einem blockflötenähnlichen Instrument, das der allgemein verbreiteten modischen Begeisterung für exotisches Kolorit entgegenkam. Ungarische Töne galten in der Doppelmonarchie als allzeit begehrter Ausdruck von ungestümem Temperament, als musikalisches Souvenir aus der Peripherie Europas, deren Fremdheit in einem recht undifferenzierten Komplex aus türkischer, Balkan und sogenannter Zigeunermusik bestand. Die Alla-Turca-Mode hatte mehrfach auch Mozart inspiriert, und durch Liszt und Brahms sollten später in nationalromantischer Manier bereits schärfer umrissene, nicht mehr rein klischeehafte Reverenzen an Ungarns Folklore folgen.

Stilistisch befindet sich Krähmers Tonsprache einerseits in der Nähe des frühromantischen Bravourstils, wie man ihn von Hummel, Cramer, Czerny und Moscheles her kennt, andererseits an der Schwelle zur Nationalromantik, wie die pittoresken Anleihen aus alpiner, polnischer und ungarischer Folklore schon im Titel der hier aufgenommenen Stücke zeigen: Rondo "La Tyrolienne",
Concert Polonaise, Rondo hongrois.

Wir haben in unserer Interpretation versucht, dem pointierten Humor und der spielerisch-unterhaltsamen Attitüde dieser gehobenen „U-"Musik des 19. Jahrhunderts durch einige effektvolle Freiheiten der Tempogestaltung, Artikulation und behutsame Erweiterung des Klaviersatzes an offensichtlich orchestral gedachten Stellen zu größerer Wirkung zu verhelfen als dies mit
einer philiströs buchstabengetreuen Wiedergabe der Partitur möglich gewesen wäre.